7 Milliarden Menschen leben heute. Fast 95% davon nutzen in irgendeiner Form das Internet: Sei es in Internetcafés in der 3. Welt oder high speed Hubs in Silicon Valley. Unsere Welt könnte ohne das Internet nicht mehr funktionieren. Ökonomie, Handel, Politik, Gesellschaft, Kultur, Medizin, Medien, Bildung und Kooperation zwischen Nationen und Menschen wäre ohne das Internet nicht machbar. Globalisierung wurde durch das Internet immens beschleunigt.
Wie kam es dazu? Woher stammt dieses Netz, das uns alle verknüpft und verbindet?
Es fing an, mit einer Idee. Wie so viele technologische Innovationen wurde es aus einer Notwendigkeit des Krieges erfunden. In diesem Fall war es der Kalte Krieg zwischen den USA und Russland. Als Russland 1957 erfolgreich den ersten Satelliten – Sputnik – ins All schickte wurde es den USA klar, dass Russland auf der technologischen Front die Überhand zu gewinnen drohte. Das konnte Amerika nicht hinnehmen und entwickelte eine Initiative um die innovative Oberhand zurückzugewinnen – APRA war geboren. APRA steht für Advanced Project Research Agency und war damit beauftragt mittels neuen Methoden wie Computern, Amerika zu technologischen Durchbrüchen zu bringen. Da diese Supercomputer aber in ganz Amerika verteilt waren, wurde es langsam notwendig, diese verschiedenen Teams und Arbeiten zu vernetzen. APRANET war die Antwort.
Ein weiterer Meilenstein des modernen Internets war in der Schweiz. Als die Entwicklung und der wissenschaftliche Durchbruch in CERN zu immer grösseren Fortschritten führte, musste eine Möglichkeit gefunden werden, diese Datensätze mit anderen Wissenschaftlern weltweit zu teilen. Aus diesen ersten Ansätzen wurde 1989 das Worldwide Web von Tim Berners-Lee, einem Britischen Wissenschaftler in CERN erfunden. Er entwickelte die Grundbausteine Internet, die noch heute genutzt werden, wie beispielsweise die Sprache HTML, http und URLs. Obwohl das Worldwide Web nie ein „offizielles“ Projekt in CERN war, fand es dort seinen Ursprung. Eine grundlegende Eigenschaft der Idee war, dass sie demokratisch sein sollte: Es musste jedem Menschen ohne zusätzliche Kosten und ohne um Erlaubnis fragen zu müssen zugänglich gemacht werden, so die Philosophie von Berners-Lee. Diese grundlegenden philosophischen Aspekte bilden noch heute einen wichtigen Bestandteil: Es darf zum Beispiel in Regierungen keinen „kill switch“ geben, der den Internetzugang behindert, oder es einer bestimmten Gruppe unmöglich macht, das Internet zu nutzen und Informationen zu verbreiten.
In dem Jahrzent das folgte, entwickelte sich dieses Netz zu einem der wichtigsten Bestandteile des heutigen Lebens – dem Internet.
Web 1.0
Diese ersten Ansätze der internationalen Kommunikation zwischen Computern, brachten in den 90er Jahren grosse Änderungen mit sich, die jedoch klein anfingen. Die ersten Internetnutzer waren Wissenschaftler, das Militär, die Regierung und grosse Firmen. In der Mitte des Jahrzehnts wurde das Web jedoch auch für private Nutzer immer mehr zugänglich. Mit der Einführung von Windows 95 und Apple’s MAC Computern gab es plötzlich die Möglichkeit, Computer in privaten Haushalten zu haben. Und um diese vollständig nutzen zu können, bedurfte es einer Verbindung, die 1994 mit dem „Internet in a Box“ eingeführt wurde. Service Provider nutzten das bereits etablierte Telefonnetz um diesen neuen Service an die Kunden zu bringen.
Diese ersten Webseiten bestanden hauptsächlich aus Verzeichnissen und Suchmaschinen, die diese Verzeichnisse durchsuchten und Informationen herausgaben. Dieses Internet, auch Web 1.0 genannt ist also in erster Linie ein „read-only“ Web. Informationen werden nur bereitgestellt und in keiner Weise kann auf diese Informationen Einfluss genommen werden. Endnutzer haben keine Beziehungen zu den Seiten und es gibt keine Funktionen innerhalb des Internet. Webseitenbetreiber nutzen statische Seiten um Informationen über Produkte, Services oder die eigene Firma zu verbreiten. Es wirkte fast wie eine Anzeige in einer Zeitung und stammte auch im Geiste davon ab.
Diese Proto-Webseiten waren durch Hyperlinks miteinander verbunden, man konnte also von einer Seite zur nächsten springen. Erste Ansätze von Suchmaschinen (Yahoo.com, Google, AOL) waren auch bereits vorhanden und konzentrierten sich damals noch sehr auf die Klassifizierung der Seite, nicht unbedingt auf eine Wiedergabe des Inhaltes. Gegen Ende der 90er Jahre und zur Jahrtausendwende entwickelte sich eine Nische heraus, die plötzlich interaktiv war, und wo „normale“ User Webseiten manipulieren konnten. Kurz gesagt, Web 2.0 war angekommen.
Web 2.0
Es kann nicht klar definiert werden, wo der genaue Punkt ist an dem Web 1.0 zu Web 2.0 wurde. Mit Sicherheit kann jedoch gesagt werden, dass zum Jahr 2004 das Internet durch einen vollständigen Wandel gegangen ist. User nutzen das Internet nun nicht mehr nur um Informationen daraus zu erlangen, sondern auch um selbst Informationen einzustellen und mit Webseiten zu interagieren. Services wie Livejournal.com oder Blogger bilden hierbei Vorreiter: User schreiben Texte selbst und erstellen Webseiten, die wiederum von anderen Menschen gelesen und kommentiert werden können.
Das „read-only“ Web wird zu einer beschreibbaren Plattform, die Interaktion anbieten und fördert – man sieht hier erste Züge eines sozialen Netzwerkes, welches in Services wie MySpace (welches 2005 auf den Markt kam) kulminiert. Es handelt sich hierbei nicht um einen technologischen Durchbruch, der die Grundsätze des Internet verändert, sondern vielmehr um eine Weiterentwicklung der Webseiten bisher. Zu beachten ist, dass Protokolle und Programmiersprachen sich hier noch nicht besonders verändern, weshalb es viele gibt, die das Web 2.0 nicht als eine eigenständige Inkarnation des Internet sehen, sondern vielmehr als eine natürliche Schicht des Web 1.0.
Erste Multimedia Plattformen wie Youtube werden ebenfalls in dieser Phase entwickelt, was einen Schritt weg von der reinen Text-Form des Mediums hin zur Visualisierung des Internet andeutet. Visuelle Inhalte sind immer mehr verbreitet und können leichter erstellt werden. Jedoch sind diese visuellen Inhalte immer noch von Menschen gemacht und noch nicht automatisiert.
Erste Blogs und Social Media Plattformen führen zu einer wahren Explosion von Webseiten. Services wie Wikipedia, die erstmals von Usern für User aufgebaut werden spielen hier eine wichtige Rolle. Zu diesem Zeitpunkt gibt es fast eine Milliarde Webseiten im Worldwide Web. Suchmaschinen entwickeln sich dementsprechend weiter und grasen nun nicht mehr nur die Klassifizierungen (tags) der Webseiten ab, sondern haben die Möglichkeit, Inhalte zu durchsieben um akkuratere Ergebnisse zu liefern.
Diese Stufe des Internet führt ebenso zu einer Ausweitung der allgemein gängigen Standards der Internet Netiquette und einer Ausweitung der Kommunikationsprotokolle zwischen Webseitenbetreibern und Usern. Es ist nun relativ einfach, das Internet zu nutzen. Die neue Generation wächst mit dem Internet auf: Millenials.
Web 3.0
Diese enge Zusammenarbeit, dieses soziale Vernetzen zwischen Menschen weltweit war die Grundlage des Internet, und die Grundlage des Web 1.0 und 2.0. Was jedoch der nächste Schritt darauf ist, ist die Kommunikation zwischen Computern ohne menschlichen Input. Web 3.0 (auch bekannt als „Semantic Web“) ist eine Fortführung der bisher genutzten Standards und Protokolle. Durch den enormen Anwuchs an Informationen wurde es nötig, Prozesse zu automatisieren und von Programmen (in einer gewissen Weise von künstlicher Intelligenz) leiten zu lassen. Im Grunde genommen führt es dazu, dass Webseiten (Internet-Inhalte) nicht mehr nur von Menschen gelesen werden können, sondern auch von Maschinen.
Diese grundlegende technologische Weiterentwicklung in der Art der Programmierung und in der Art wie Webseitenprotokolle miteinander kommunizieren (also neue HTML Protokolle) hat kulturell gesehen wenig Einfluss. Was jedoch in dieser neuen Ära kulturell wichtig ist, ist die Einbindung des Internet in das allgemeine Leben. Auf Grund der neuen Protokolle ist nun die Kommunikation mittels anderer Medien möglich – das Internet ist nicht mehr nur von Computern abhängig, sondern kann auf Geräten wie Smartphones bis hin zu Kühlschränken und Microwellen zugänglich gemacht werden.
Dies ermöglicht den Usern die vollständige Einbindung des Internet in alle Aspekte des Lebens; Arbeit, Privatleben, Familienleben, Freizeit und Medizin hängen nun vom Internet ab, und die Informationen die im Web vorhanden sind, sind so vielfältig vernetzt, dass soziale Medien den sozialen Umgang des echten Lebens widerspiegeln können.
Applikationen. Smartphones. Smarte Küchengeräte. Autoradios, die die Playliste vom Handy finden und abspielen. Web 3.0 ist das Web, das seit den letzten Jahren des letzten Jahrzehnts besteht.
Worin hat Web 3.0 seinen Anfangspunkt?
Das Semantische Web ist rein technisch gesehen klar durch eine neue Welle von Programmen definiert: Neuen HTML Protokollen. Ziel dieses neuen Webs ist es nun nicht mehr, eine reine, unverbundene Ansammlung von Information zu sein, sondern diese Informationen innovativ und vor allem intuitiv miteinander zu verknüpfen. Das Internet soll eine intelligente und „mitdenkende“ Informationsquelle sein – weit entfernt von den statischen „Zeitschriftenanzeigen“ der 90er Jahre. Um dies zu ermöglichen, muss das Internet ein gewisses Selbst-Verständnis und eine künstliche Intelligenz aufbringen. Maschinen müssen daher die Inhalte besser lesen und verstehen können, um Informationen und Daten zu verknüpfen. Wir sind in einem datengesteuerten Zeitalter angekommen. Darüber hinaus müssen Maschinen Inhalte direkt selbst erstellen und „rendern“ können: Funktionen wie Google Streetview wären ohne diese Fähigkeiten undenkbar.
Hier spielt eine weitere Innovation des Web 3.0 eine Rolle: Sprachverständnis. Mit der Ankunft von Services wie Siri (Apple’s persönlicher Assistentin) wurde die Tür zum oralen Sprachverständnis aufgestossen. Was jedoch bereits seit Jahren in Entwicklung ist, ist das Sprachverständnis in geschriebener Form: Computer lernen lesen. Inhalte werden nun nicht mehr nur auf Stichworte durchsiebt oder nach Tags abgegrast, sondern Suchmaschinen und Programme lernen den Inhalt der Daten tatsächlich zu „lesen“ und verwandte Informationen erfolgreich miteinander zu verknüpfen, ohne dass es einer menschlichen Hand bedarf.
Es ist unklar wo genau sich Web 3.0 von dessen Vorgänger kulturell gesehen abhebt. Ab dem Jahr 2011 haben Social Media und Smartphones jedoch einen festen Bestandteil des Lebens gebildet. Somit sind wir in einer Welt angekommen, wo man während des Autofahrens aktuelle Verkehrsupdates erhält, ohne den Bordcomputer erst danach fragen zu müssen. Eine Welt, wo Nachrichten gezielt an verschiedene Geräte gesendet werden können und Kollaboration und Kommunikation auf verschiedensten Plattformen möglich ist.
Was ist in Web 3.0 möglich und wo liegt der Focus?
Das neue, heutige Internet bietet unendliche Möglichkeiten an: Im Vordergrund scheinen jedoch Kommunikation, Kollaboration zwischen verschiedenen Geräten und Usern und die Erstellung von immer mehr visuellen Inhalten zu sein. Mittels der heutigen Struktur des Internet können Datensätze schnell geteilt werden und Informationen verbreitet werden. Intelligente Services wie Such-Algorithmen oder erlernte Präferenzen tragen dazu bei, wie unsere persönliche Weltanschauung geformt werden kann. Das soziale Medien Profil kann gezielt manipuliert werden, sodass nur Werbung gezeigt wird, die auch für den Nutzer interessant ist. Dies ist nur durch die künstliche Intelligenz möglich, die in Web 3.0 entwickelt und verfeinert wird.
Der neue Focus auf visuelle Inhalte bietet auch die Möglichkeit, 3D Grafiken immer besser darstellen zu lassen. Virtuelle Realität oder Augmentierte Realität wird langsam aber sicher möglich und verbessert. Plattformen wie Google Street View erlauben es Usern, virtuell durch Strassen zu wandern oder Museen zu besuchen. Spiele wie „Pokemon Go“ implementieren Karten und ein virtuelles Abbild der echten Welt um diese echte Welt zu bereichern. Dieser kreative Prozess wird aber nicht mehr nur von Menschen geleistet. Web 3.0 ermöglicht es uns, Maschinen zu ermöglichen, Daten direkt zu erstellen und zu verteilen. Ebenso können Computer nun selbstständig „Entscheidungen“ treffen, was nötig ist um beispielsweise herauszufiltern, welche Suchergebnisse für einen bestimmten User relevanter sind.
Die Implikationen sind weitreichend. Eine Zukunft, die an die Filme der „Matrix“ Reihe denken lässt ist nun absehbar und möglich.
Der Focus des neuen Web ist in 2 Bereiche gegliedert. Der Vordergrund – das User Interface – konzentriert sich in der ersten Linie auf eine vereinfachte Nutzung. Webseiten sind klar und intuitiv aufgebaut und sind für Mensch und Maschine leicht leserlich, mit vielen visuellen Inhalten. Informationen werden nicht mehr nur kommentarlos und ohne Unterscheidung oder Bewertung dem User bereitgestellt, sondern werden bereits mittels künstlicher Intelligenz verfeinert und gefiltert, bevor sie zum User kommen.
Der Hintergrund – die Programmierung und Protokolle – verlassen sich immer mehr auf künstliche Intelligenz. Programme schreiben Programme, Computer entwickeln Computer. Es hat eine neue Art von Evolution begonnen, in der der technologische Fortschritt längst nicht mehr von Menschen ausgearbeitet wird, sondern die Feinarbeit von Maschinen erledigt wird.
Es handelt sich in diesem Web um eine neue Demokratisierung der uns verfügbaren Informationen. User können Informationen erstellen, die durch ein „Verdauungssystem“ dann weiter aufgearbeitet werden und in gezielten Dosen an andere User weitergeleitet werden – aber nur in der Form die für die einzelnen User am besten nutzbar ist.
Dieses organische Teilen und diese natürliche Kollaboration zwischen dem Datensatz, der künstlichen Intelligenz die den Datensatz ausarbeitet und dem User, der die Daten erhält bildet die Grundlage des Web 3.0.