Instagram, Twitter, Facebook und co. könnten bald der Vergangenheit angehören und durch dezentralisierte Plattformen wie Supernovas, Diamond oder Mirror ersetzt werden. Klingt verrückt, doch durch den stetigen, schnellen Wandel von sozialen Medien und dem Internet, könnte dies bald zu unserer neuen Realität werden.
Social Media heute – Web 2.0 bald Vergangenheit?
Die Einführung des Web 2.0 in den frühen 2000er Jahren hat uns ermöglicht, auf digitalen Plattformen Ideen, Inhalte und Informationen auszutauschen, Gemeinschaften (Communities) zu bilden und Menschen eine Stimme zu geben, die enorme Reichweiten erreichen kann.
Aber mit solchem Fortschritt treten auch neue Probleme auf, die es auszubügeln gibt.
Transparenz
Transparenz ist eines der Probleme, auf welches wir bei sozialen Medien im Web 2.0 stossen. Soziale Medien legen nicht wirklich offen, wie sie unsere Daten verwenden.
Wenn sich Nutzer auf einer sozialen Netzwerkplattform registrieren, müssen sie immer den Datenschutzrichtlinien zustimmen, um fortfahren zu können. Diese sind jedoch sehr oft unklar formuliert und demnach kaum verständlich für Nutzer.
Mangelnde Transparenz schwächt das Vertrauen von Endnutzern und wirkt sich letztlich deutlich auf die digitalen Rechte derselben aus.
Fehlende Eigentumsrechte
Das aktuelle Modell der sozialen Medien erlaubt es Nutzern nicht, ihre eigenen Daten, ihre Aufmerksamkeit oder Informationen zu vermarkten. Anders gesagt, stellen wir den Plattformen im Grunde eine immense Menge kostenloser multimedialer Informationen zur Verfügung, ohne etwas im Gegenzug dafür zu erhalten. Die einzigen, die von dieser Zufuhr an Informationen profitieren, sind die Plattformen selbst.
Datenverkauf an Dritte
Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass soziale Medien davon profitieren, unsere Daten an Dritte zu verkaufen. Sie analysieren Algorithmen von Nutzern und manipulieren so die Erfahrungen auf den Plattformen, bspw. durch platzierte Werbung auf dem Feed. Anders formuliert, verkaufen die sozialen Medien unsere Daten in unserem Namen.
Wenn wir in den sozialen Medien eine bestimmte Zielgruppe erreichen wollen, müssen wir sehr viel Geld dafür bezahlen. Social Media Marketing ist ein riesiger Wirtschaftszweig, in dem gezielte und gesponserte Werbung in den Feeds zirkuliert. Unternehmen zahlen immens viel Geld für solche Daten. Als Nutzer werden wir dabei nicht für die Aufmerksamkeit belohnt, zu welcher wir quasi gezwungen werden.
Nennen wir es wagemutig beim Namen: Es ist digitale Ausbeutung.
Social Media im Web 3.0 – eine revolutionäre Lösung?
“Traditionelle” soziale Medien könnten bald von einem besseren und gemeinschaftsbasierten Modell ersetzt werden. Die Lösung dafür heisst dezentralisierte soziale Medien im Web 3.0.
Was bedeutet Dezentralisierung?
Der Begriff „Dezentralisierung“ hat sich unter anderem durch die Einführung von Kryptowährungen oder NFTs verbreitet. Diese Art von Technologie ist in den letzten Jahren unglaublich populär geworden, da sie ein transparentes, faires und sicheres Netzwerk ermöglicht.
In einem dezentralisierten Netzwerk ist keine einzige Instanz im Besitz aller Daten. Das bedeutet, es gibt keine Mark Zuckerbergs, Parag Agrawals, oder Adam Mosseris, die Besitzer jener Plattformen sind. Stattdessen sind die Daten im Web 3.0 auf verschiedene Knoten oder Verbindungspunkte innerhalb des Netzwerks verteilt. Diese Struktur macht es für ein Netzwerk viel schwieriger, von einem Angreifer beherrscht und kontrolliert zu werden.
Es gibt auch keinen zentralen Administrator für das Netzwerk, wodurch eine demokratischere und kooperativere Umgebung geschaffen wird. Es gibt aber noch weitere Punkte, die für soziale Medien im Web 3.0 sprechen.
höhere Sicherheit auf Social Media im Web 3.0
Viele von uns haben mindestens einen Totalausfall einer sozialen Netzwerkplattform miterlebt. Ursachen dafür waren meistens abgestürzte Server. Viele der grössten Social-Media-Netzwerke, die wir heute kennen, darunter Facebook, Twitter und Instagram, sind alle zentralisiert. Das bedeutet, dass eine zentrale Behörde die gesamte Macht über das Netzwerk hat. Die Gefahr von Totalausfällen, Cyberangriffen und Leaks ist enorm.Bei sozialen Medien im Web 3.0 wird dies sehr selten der Fall sein.
Wie vorher schon erwähnt, verwenden dezentralisierte soziale Medienplattformen im Gegensatz zu herkömmlichen Plattformen mehrere unabhängige Server, um zu funktionieren. Durch die Verwendung mehrerer Server wird die Wahrscheinlichkeit eines Totalausfalls des Netzwerks aufgrund eines technischen Fehlers massiv verringert. Auch die Wahrscheinlichkeit von Cyber-Angriffen wird durch diese Art von verteiltem System minimiert.
Darüber hinaus müssen sich die Nutzer in dezentralen sozialen Netzwerken nicht traditionell ausweisen. Sie können sich für Pseudonyme entscheiden, was ihnen eine zusätzliche Ebene der Privatsphäre bietet.
höhere Benutzerkontrolle – Power to the People
Ein weiteres Element, von dem die Nutzer auf Social Media Plattformen im Web 2.0 nicht genug haben, ist Kontrolle.
Ein soziales Netzwerk wird von seinen Nutzern definiert und entwickelt sich in Übereinstimmung mit der Nachfrage der Nutzer. Daher wäre eine logische Schlussfolgerung, dass die Nutzer selbst eine gewisse Kontrolle über das soziale Netzwerk haben sollten.
Dies ist eines der Kernkonzepte hinter dezentralen sozialen Medien. Der Schlüssel zu einem fairen und gleichberechtigten Netzwerk für alle ist, den Nutzern die Kontrolle über ihre Daten, ihre Interaktionen und ihre Social-Media-Erfahrung als Ganzes zu geben.
Eine erhöhte Nutzerkontrolle würde demnach ebenfalls potenzielle Zensur durch Tech-Giganten wie bspw. Meta, Google, Amazon, Microsoft oder Apple vermeiden.
Des Weiteren können auf dezentralisierten sozialen Medien mehrere verteilte Netzwerke existieren. Das bedeutet, dass Nutzer:innen, welchem Netzwerk sie beitreten möchten. Somit können eigene Netzwerke erstellt werden, so dass Personen mit ähnlichen Interessen oder Ideen miteinander in Kontakt treten können.
Social Media im Web 3.0 nutzen ein sogenanntes Governance-System, um Entscheidungen zu treffen. Die Nutzerinnen und Nutzer können über wichtige Themen demokratisch abstimmen und so mitbestimmen, wie sich die Plattform weiterentwickelt, anstatt sich den Wünschen zentraler Behörden beugen zu müssen.
Dezentralisierte soziale Medien bieten also eine neue Sichtweise auf die digitale Kommunikation, bei der mehrere Netzwerke innerhalb einer Plattform existieren können, die alle von unabhängigen Servern kontrolliert werden und somit mehr Kontrolle den Nutzern zusprechen.
Wie jede Art von Technologie sind aber auch dezentralisierte soziale Medien nicht perfekt und haben ihre Schattenseiten.
Was sind die Nachteile von dezentralisierten sozialen Medien?
Es besteht kein Zweifel, dass dezentralisierte soziale Netzwerkplattformen einige interessante Vorteile bieten. Aber auch hier bestehen Risiken, die mit dieser Art von Technologie verbunden sind.
Das erste, offensichtliche Risiko besteht darin, dass böswillige Personen die Struktur Social Media auf dem Web 3.0 missbrauchen können.
Die Idee, mehrere dezentralisierte Netzwerke zu schaffen, klingt zunächst beeindruckend und revolutionär. Es besteht aber immer die Möglichkeit, dass sich Hassreden, Propaganda und illegale Inhalte durch die Schaffung schädlicher Gemeinschaften schnell verbreiten können. Da man in seinem eigenen Netzwerk posten kann, was man will, wird es für problematische Communities viel einfacher, ihre Überzeugungen öffentlich zu verbreiten.
Obwohl viele dezentrale soziale Netzwerke einen ethischen Verhaltenskodex aufweisen, könnten Einzelpersonen versuchen, kleinere oder neuere Netzwerke auszunutzen, die noch in der Entwicklungsphase stecken.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass Nutzer mit einem gemeinsamen Ziel versuchen könnten, das Governance-System zu ihren Gunsten zu korrumpieren oder zu manipulieren. Dies würde bedeuten, dass die Idee von Fairness auf solchen Plattformen nicht mehr gewährleistet wäre.
Existieren dezentralisierte Medien bereits?
Bei so vielen Möglichkeiten und Visionen kommt schnell die Frage auf, ob es solche dezentralisierte sozialen Medien bereits gibt?
Die Antwort zu dieser Frage ist ja. Sie existieren und sind bereits im Einsatz.
Eine bekannte Plattform ist Mastodon, die seit ihrem Start im Jahr 2016 über vier Millionen Nutzer zählt. Diese Plattform besteht aus mehreren internen Netzwerken für verschiedene Gemeinschaften, die es den Nutzern ermöglichen, sich mit Gleichgesinnten zu verbinden. Mastodon bietet Anti-Missbrauch-Tools, um bei Belästigungen und andere Gefahren zu intervenieren.
Auch eine Reihe von Blockchain-basierten sozialen Plattformen wie Steemit, Diamond, Supernovas oder Odysee sind derzeit in Betrieb.
Diese Plattformen haben jedoch nicht annähernd so viel Zulauf wie traditionelle Netzwerke wie TikTok, Instagram und Facebook. Warum ist das so?
Warum lässt der Ansturm auf sich warten?
Es gibt einige Gründe, warum Social Media im Web 3.0 noch nicht so viele Nutzer zählen.
Zum einen ist die Idee der Dezentralisierung für viele Menschen noch sehr fremd. Momentan sind diese Konzepte und Funktionsweisen der Dezentralisierung nur Technikliebhabern, Krypto- oder NFT-Enthusiasten bekannt. Diese Technologie ist in der Öffentlichkeit noch nicht so präsent oder populär, dass sich viele damit beschäftigen müssen.
Ein weiterer Grund sehen Experten in der Benutzerfreundlichkeit dieser sozialen Netzwerke. Denn diese sind nicht so einfach zu handhaben wie jetzige soziale Medien. Und Einfachheit bzw. Komplexität der Benutzeroberfläche einer App entscheidet gewöhnlicherweise oft über ihren Erfolg.
Hinzu kommt, dass sich viele Menschen immer noch nicht bewusst sind, wie momentane soziale Medienplattformen ihre Daten missbrauchen und Inhalte zensieren können, so dass es derzeit keinen öffentlichen Bedarf für eine neue Art der Online-Kommunikation gibt.
Demnach dienen dezentrale Social Media Plattformen wohl eher noch als eine Nischenlösung, eine Alternative zu sozialen Netzwerken. Wie lange das noch so bleibt, lässt Raum zur Diskussion offen.
Fazit zu Social Media im Web 3.0
Dezentrale soziale Medien sind keine neue Innovation, gewinnen aber immer mehr an Popularität. Mit zunehmender Aufmerksamkeit steigt auch die Finanzierung, wodurch die Plattformen und Projekte die finanziellen Ressourcen für ihr Wachstum erhalten.
Indem immer mehr Netzwerke aus dezentralen Wurzeln heranwachsen, werden wir uns zukünftig mit nutzerorientierten sozialen Ökosystemen befassen, die auf individuellem Dateneigentum beruhen. Es wird, im wahrsten Sinne des Wortes, eine lohnende Sache sein, an der man als Nutzer teilhaben und davon profitieren kann.
Jedoch sind soziale Netzwerke unglaublich komplizierte Maschinen, deren Feinabstimmung Jahre dauern kann. Hinzu kommt, dass Menschen Gewohnheitstiere sind und Zeit benötigen, um sich an neue Systeme und Funktionsweisen zu gewöhnen.Deshalb kann es noch eine Weile dauern, bis dezentrale Social Media Plattformen für eine grössere Zahl von Menschen relevant und nützlich genug werden, um sie tatsächlich auch auszuprobieren.
Das bedeutet aber nicht, dass Potenzial haben. Da Menschen immer häufiger frustriert über grosse Tech-Unternehmen und deren Fehler sind, lässt der Wechsel zu dezentraler Kommunikation nicht allzu lange auf sich warten.
Behalte also diesen Bereich im Auge, denn eine radikale Revolution der sozialen Medien könnte unmittelbar bevorstehen.